Veränderung der Aufgaben- und Funktionsfelder von Mitarbeitenden
Flexibel und kreativ auf Veränderungen und Herausforderungen reagieren zu können und Prozesse proaktiv zu gestalten, gilt heute als zentrale Anforderung in beruflichen Kontexten. Ein gestiegener Innovationsdruck in Unternehmen und Institutionen der Aus- und Weiterbildung verändert dabei die Aufgaben- und Funktionsfelder der Mitarbeitenden rasant. Entsprechende Instrumente orientieren sich zunehmend an den Prozess- und Funktionslogiken der Unternehmen, adressieren das Potential kollaborativer Lernsettings und greifen die Möglichkeiten individualisierten Lehrens und Lernens auf. Als Best-Practice-Beispiele nutzen die Unternehmen hierzu Methoden, wie sie im „Creative Problem Solving Model“ oder im „Design Thinking“ zur Anwendung kommen. Ein sicheres Beherrschen ausgewählter Methoden, das Aufstellen von Begründungsstrukturen sowie die Adaptation auf vielfältige Einsatzbereiche und das Initiieren und Moderieren solcher Formate stellen konkrete Lernergebnisse dar, die das Profil unserer AbsolventInnen für Beschäftigungsfelder der beruflichen Weiterbildung schärfen; es werden zudem Kompetenzen höherer Ordnung (u.a. kreatives und analytisches Denken) entlang des Methodeneinsatzes gefördert.
IDTT in iterativen Zyklen
Im Rahmen der Lehr-Lern-Innovation wurde das Lehr-Lernkonzept IDTT in iterativen Zyklen von mittlerweile drei Semestern im Modul Vertiefende Studien erprobt und evaluiert. Spezifische Herausforderungen bei der Gestaltung von beruflichen und betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen wurden unter besonderer Betonung des Nutzenaspekts durch ausgewählte Denkwerkzeuge bewältigt.
Studierenden-Teams bestehend aus zwei bis vier Personen wurden unterstützt, Formate des vertieften Problemverstehens, der Ideenfindung und -umsetzung aktiv zu initiieren und zu gestalten. Dazu wurden im Seminar die zentralen Phasen eines Design Thinking-Prozesses adressiert: Problemverstehen, Synthese, Ideengenerierung und -auswahl sowie Prototyping. Studierenden-Teams waren somit eigenständig in der Lage, in kurzen, synchronen Entwicklungsschritten mithilfe von Denkwerkzeugen und dem digitalen Whiteboard Mural innovativ wirksam zu werden. Die klassische Bewertung in Form einer Leistungsüberprüfung fiel aus; stattdessen wird den Studierenden ermöglicht, in einem wertfreien Raum heiter zu scheitern. Was Iteration bedeutet, erleben sie also in der Anwendung selbst. Die erprobten Best-Practice-Beispiele aus unterschiedlichsten Denkwerkzeugen des kollaborativen und kreativen Prob-lemlösens konnten schließlich individuell so weiterentwickelt wurden, dass der/die einzelne Lerner*in ein eigenes Toolset (IDTT) zur regelmäßigen Anwendung, auch über den Berufseinstieg hinaus, einsetzen kann.
Auch im virtuellen Raum sind die Studierenden aktiv und kreativ
Das Seminar auf ein Online-Format umzustellen, hat zunächst die Frage aufgestellt, ob sich das Potenzial des agilen Innovationsansatzes Design Thinking im Hinblick auf seine Handlungsorientierung auch virtuell entfaltet. Wir wurden positiv überrascht, denn auch im virtuellen Raum waren die Studierenden aktiv und vor allem kreativ. Das Seminar wird durchgehend formativ und summativ evaluiert, u.a. durch retrospektive 1:1-Interviews. Studierende empfanden die Reflexionen in den Interviews als zusätzlich lernförderlich, da ihnen so deutlich wurde, welches Mindset und welche Methoden es für innovatives Problemlösen braucht. Der Umgang mit dem Unvertrauten, etwa dem Design Thinking-typischen „Bias to Action“, dem das Seminar durch kurze Input-Phasen seitens der Dozierenden und direkt anschließenden aktiven Konstruktionsphasen folgt, war zunächst herausfordernd für die Studierenden. Im Laufe des Prozesses wurde dies jedoch als besonders „erfrischend“ erlebt. Einige berichten, dass sie Gruppenarbeiten eigentlich ungern durchführen, es ihnen nunmehr mit Design Thinking und der Konzentration auf die synchronen Entwicklungsschritte großen Spaß macht. Andere konnten ihr Methodenwissen in anschließenden Praktika unmittelbar anwenden. Interessant war auch, dass sich die kreative Selbstwirksamkeit der Studierenden im Vergleich der Zeitpunkte vor und nach dem Seminar erhöht hat. Dies ist unter anderem den erwähnten Denkwerkzeugen zu verdanken, durch die sich kreative Denkprozesse steuerbar anregen lassen.
Studierende zeigen hohe Empathie
Insgesamt zeigen die Studierenden eine hohe Empathie mit den Betroffenen der Problemszenarien und identifizieren sich mit den durch ihr Team entwickelten innovativen Problemlösungen. Die Entwicklung „echter“ Lösungen für reale Probleme wird als Erfolgserlebnis gewertet.
Öffnung für alle Studienfächer
Um der Multidisziplinarität als zentralem Erfolgsfaktor im Design Thinking Rechnung zu tragen, haben wir das Seminar im Sommersemester 2021 für Studierende aller Studienfächer geöffnet. Nach erfolgreicher Pilotierung wird dies in den zukünftigen Semestern das vorherrschende Modell sein. Auf diese Weise können fakultätsübergreifende Studierenden-Teams voneinander lernen, ihre Innovations- und Kollaborationskompetenzen steigern und – ganz idealistisch gesprochen – sich sogar für potenzielle gemeinsame Ausgründungen früh vernetzen.